Veranstaltungen
KUNST & SEHEN: Ausstellung Klasse Jerry Zeniuk & Ingrid Floss- Farbmalerei
Kurs-Nr. |
| EUR pP |
Ort: Galerie im Alten Feuerhaus
Sa. 26.10.- So. 03.11.2024| 1 Tage
täglich von 15-18 Uhr

Ausstellungsdauer 26.10. — 03.11.2024

Silent opening 26. Oktober 2024, 15 Uhr
Finissage 3. November 2024, 17 Uhr
( in Anwesenheit der Künstlerinnen und Künstler)

Öffungszeiten: täglich von 15-18 Uhr

Städtische Galerie im Alten Feuerhaus | Aegidiplatz | 83435 Bad Reichenhall

KLASSE ZENIUK/FLOSS: Farbmalerei

Mit Werken von BERND BOSSE, ULRIKE BOSSE, ALEXANDRA DIETL, ALEXANDRA JESCHKE ,  GABRIELA KURSCHAT, INGRID LENHARDT, CAROLA LÜLSDORF, URSULA HELENE NEUBERT, CORINA OEDER, ANDREA PFEIL, MILAVEL JACA PLAICKNER, BELA ROTH, PATRICK SOMWEBER , CHRISTIAN VON DÜRFELD GIOVANELLI, MARIE – CHRISTINE VON LIEBE

Mit der Ausstellung Klasse ZENIUK/FLOSS Farbmalerei greifen wir eine langjährige Tradition der Kunstakademie Bad Reichenhall auf und präsentieren Werke von Studierenden der Kunstakademie. Das in diesem Jahr aufgelegte Studienprogramm Farbmalerei, das von den langjährigen Dozenten Jerry Zeniuk und Ingrid Floss, ehemals Professoren an der Akademie der Bildenden Künste, München, geleitet wird hat zum Ziel, die Farbe als Gestaltungs- und Ausdrucksmittel in den Mittelpunkt der künstlerischen Arbeit zu stellen.

Schon bei den alten Meistern aber insbesondere in der Moderne, z.B. im Bauhaus in Weimar, bildete die Farbe den zentralen Gegenstand künstlerischer Auseinandersetzung. Mit der Befreiung der Kunst vom Gegenstand schauen wir mittlerweile auf eine über hundertjährige Tradition der Abstraktion. Dass die Farbe selbst Gegenstand ist wird in dieser Ausstellung in all ihrer Vielfalt sicht- und spürbar.

Eine denkbar große Vielfalt der Farbe wird hier thematisiert: ihre Temperatur, ihre Emotionalität aber nicht weniger die Art des Farbauftrages, z.B. lasierend, gestisch oder sogar pastos.

Gleich, wenn man den Raum betritt und sich nach links wendet, trifft an auf eine Gruppe kleinerer Gemälde von Alexandra Dietl. Zentral befindet sich eine Landschaftsdarstellung, die scheinbar einen großen Kontrast zu den anderen Werken der Künstlerin aufweist. Das Gegenteil ist der Fall: in allen Werken der Künstlerin, geht es darum durch den Gestus und den Pinselstrich einen Rhythmus auf der Bildfläche zu schaffen. Dieser Rhythmus wird jenseits des Gestus und der Anordnung durch die verwendeten Farben geschaffen.

Daneben befindet sich das größte Gemälde in dieser Ausstellung von Yaya Bela Roth. Auch hier sehen wir einen sehr dynamischen Farbauftrag, aber keine Linienführung sondern die Platzierung von farbigen Flächen neben- und manchmal übereinander, die uns zum einen im Bild eine Tiefe erkennen lassen und durch die jeweiligen Farbintensitäten sowohl Temperaturen wie Vorder- oder Hintergründigkeit vermitteln.

In der folgenden Reihe von kleinformatigen Papierarbeiten von Ingrid Lehnhardt können wir die Bedeutung des seriellen Arbeitens im Bereich der abstrakten Kunst sehr gut nachvollziehen. Im identischen Format werden ähnliche, manchmal sogar gleiche Farben verwendet, aber anders angeordnet, so dass die Differenz ihrer Wirkung unmittelbar für den Betrachter und die Betrachterin erfahrbar ist.

Mit Carola Lülsdorfs Gemälde rechts davon sehen wir eine weitere Qualität abstrakter Malerei. Immer wenn die Farbe und ihre physische Präsenz auf der Leinwand mit einer gewissen Unterschiedlichkeit gezeigt wird, können wir die Wirkung sehr deutlich erleben. Die dunklen Farbflächen im oberen Drittel des Gemäldes sind zwar deutlich als Flächen mit Pinselauftrag zu erkennen, dennoch ist die Flächigkeit der Oberfläche gänzlich anders als die hellen Flächen rechts und am unteren rechten Bildrand. So entstehen nicht nur Vorder- und Hintergrundeindrücke, sondern auch eine sehr variantenreiche Präsenz der jeweiligen Farbflächen. Im unmittelbar angrenzenden Bild wird durch den gänzlich flächigen Auftrag und die Verwendung von Pastelltönen in der Palette eine leichte und sehr zurückhaltende tanzende Farbigkeit erzeugt, die teilweise an die Landschaftsbilder der Variationen von Alexej von Jawlensky denken lässt.

Mit der Papierarbeit von Bernd Bosse tritt daneben ein Werk, dessen Flächigkeit im Farbauftrag eine Art Abklatschtechnik vermuten lässt. Dies bedeutet, dass auf einem Bildträger Farbkleckse nur aufgetragen werden und mittels eines Papiers, dass dann darauf mit Druck abgelegt wird ein Abklatsch entsteht, der zwischen Zufall und Kalkulation schwankt. Nach Abziehen des Papiers sieht der Künstler erst das Ergebnis, das dann wiederum weiterbearbeitet werden kann. In diesem Fall sehen wir Flächen und Formen in einem faszinierenden Spannungsverhältnis in einer grundsätzlich warmen Tonigkeit.

Daneben sehen wir eine rohe Leinwand, die pur und ohne Keilrahmen vor der Wand hängt. Diese Unmittelbarkeit des Zugriffs und die Leichtigkeit der Präsentation stehen in einem positiven Widerspruch zur klaren Farbigkeit und der starken klaren Formen. Dass sich Andrea Pfeil gegen das Aufziehen der Leinwand auf einen Keilrahmen entschieden hat ist ein künstlerisches Statement zugunsten nicht klar abgrenzbarer Grundformen und hält so die Dynamik des Bildgeschehens auch in der Präsentation aufrecht.

Rechts neben der Tür ins Treppenhaus der Galerie sehen wir zwei Papierarbeiten von Ulrike Bosse, deren Intention klar ist. Das Nebeneinander von Farbflächen schafft durch die Wärme und/oder Kälte, durch die Größe und die Klarheit oder Unklarheit an den Grenzen der Flächen ein visuelles Spiel von Vorder- und Hintergrund.

Mit dem Hochformat von Ursula Helene Neubert sehen wir den Einfluss des konkreten Farbauftrages. Die stark gestische und kaum flächige Pinselführung lenkt das Auge des Betrachters von einer Spur zur nächsten und vermittelt eine hohe Intensität der Malerei, obwohl die Zurückhaltung in der Farbe und die Konzentration auf weisse, graue und hellblaue Bereiche des Bildes eher Ruhe vermitteln könnte. Aber die starken Kontraste im Einsatz von hellgelb und rot sprechen wieder eine sehr aktive Sprache. Das daneben befindliche kleine Werk auf Papier verdeutlicht in seinem anderen Umgang mit dem Pinsel nochmals die Bedeutung dieser Haltung.

Marie Christine von Liebe steht in der Tradition des lasierenden Farbauftrages von Mark Rothko. Die offensichtlich unter der Oberfläche liegenden Farbschichten lassen das Gemälde trotz seiner eher dunklen Oberfläche bei längerer Betrachtung in vielfachen Farben erstrahlen.

Gabriele Kurschat dagegen zeigt in ihrem quadratischen Gemälde auch die Bedeutung der Formatwahl in der Kunst. Quadrate geben dem Betrachter keine Richtung der Lesart eines Gemäldes vor und so ist es kein Zufall, dass insbesondere in der abstrakten Kunst sich Künstler immer wieder für das Quadrat entscheiden und dem Betrachter die Hängerichtung freistellen. Dies ist hier nicht der Fall und so erscheint die linke Bildhälfte mit der starken dunklen, blauen Fläche einen Schwerpunkt mit gleichzeitiger vertikaler Ausrichtung eine Art Schwerpunkt zu bilden.

Patrick Somweber spielt ebenso wie Ulrike Bosse mit Farbflächen die nebeneinanderstehen und doch ist seine Entscheidung für abgerundete Ecken oder

Kreise, Formen die über den Rand des Gemäldes hinausweisen und die Sichtbarkeit der weißen Grundierung der Leinwand Hinweis auf eine sehr bewegte und vielleicht eher der Musik nahestehende Form von Rhythmisierung – vielleicht auch eine Verneigung vor Mondrians Boogie-Woogie.

Mit dem Rondo von Marie-Christine von Liebe wird eine so genannte shaped canvas zum Einsatz gebracht. Im Minimalismus der US-amerikanischen Kunst der 60er und 70er Jahre wurden das erste Mal ungewöhnliche Formen der Leinwand und Farbfelder genutzt, um Farbwirkung und Form als Gestaltungsmittel sichtbar zu machen. In diesem Fall nutzt die Künstlerin das reine Pigment und seien Leuchtkraft, um die Idee des Himmelsgestirns mit besonderer Leuchtkraft der Farbe zu verknüpfen und damit Form und Farbe zur maximalen Wirkung zu bringen.

Im oberen Stock der Galerie treffen wir auf zwei gegenständliche Gemälde, die Portraits zeigen. Diese beiden Werke von Milavej Jaca Plaickner finden sich in der Ausstellung Farbmalerei weil sie in besonderer Weise vor Augen führen, dass Farbe, Farbauftrag bzw. das Weglassen von Farbe eine Gestaltungsmittel der Kunst ist. Die Hintergründe der beiden Porträts bestechen durch eine flächigen, aber dennoch lebendigen Farbauftrag. Die Köpfe vor diesem Hintergrund gewinnen trotz ihrer flächigen und sehr offenen, unbestimmten Ausführung an Prägnanz und drücken insbesondere in dieser offenen Form aus, dass die Identität bzw. Persönlichkeit eines Menschen nicht in der Oberfläche und selten in Eindeutigkeit liegt. Nicht zufällig scheint die Assoziation mit den Werken von Francis Bacon zu sein.

Christian von Dürfeld-Giovanelli zeigt uns in seinen beiden Gemälden eine helle, leuchtende Palette mit warmen Rosa, Gelb und Ocker Tönen. Die Leichtigkeit der Farben trifft auf einen dynamischen Strich, der eine positive Intensität dagegensetzt. Auch hier schafft die Offenheit und Durchsicht auf die Grundierung neben einer Leichtigkeit vor allem den Aspekt eines offenen Bildes, das keine Begrenzung kennt.

Diese Offenheit wird in den konzentrierten, sehr bescheidenen dunkleren beiden Werken von Alexandra Jeschke auf dunkler Baumwolle in einer vollkommen anderen Form eingesetzt. Die lasierend und offenen Pinselspuren erinnern beinahe an das direkte Einreiben von Pigment in Leinwand oder einem verwischten Auftrag von Kohle auf Papier. Die feinen Farbnuancen zwischen Leinwand und Farbe lassen die Betrachter eine besondere Sensibilität erahnen. Dies wird sogar in der deutlich stärke farbigen Leinwand daneben noch gesteigert, weil auch hier die Farbigkeit nicht vordergründig, sondern beinahe geheimnisvoll ist und selbst Rot und Grün nicht gegeneinander, sondern miteinander Zurückhaltung signalisieren.

Diese farbige Zurückhaltung trifft nun bei Gabriele Kurschats großen Querformat auf ein faszinierendes Spiel von Formen, die gerade durch die weißen, grauen, schwarzen und braunen Felder einen Balanceakt vollführen. Nicht ist hier einfach, sondern in jeder Art exakt aufeinander abgestimmt.

Den Abschluss der Ausstellung bilden zwei ebenfalls eher dunkel anmutende Gemälde von Corina Oeder. Auch sie legt Wert auf einen aufmerksamen Betrachter. Auf den ersten Blick sehen wir schwarze Formen auf einer dunklen Leinwand mit einem minimal bewegten erdigen Hintergrund. In Wahrheit sehen wir offene Formen, die eine faszinierende Begegnung mit dem Hintergrund suchen, beinahe tastend wie mit Fühlern ausgestattet, um die Umgebung zu erkunden, und das einfache und eindeutige Schwarz löst sich dann in durscheinende Farbigkeit auf, die nicht Abgrenzung sondern Beziehung andeutet.

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